Montag, 10. Juli 2017

Woche Vierzehn: Die tamilische Küche

Nun da sich mein Aufenthalt in Indien langsam dem Ende zuneigt, möchte ich von der tamilischen Küche erzählen, die einen großen Teil der tamilischen Kultur ausmacht und eine wichtige Rolle im Alltag spielt.

Idli mit Kokoschutney und Sambar

Kommen wir zuerst zu den Räumlichkeiten, in denen – in der Regel – die tamilische Hausfrau das Essen für die Familie vorbereitet. Tatsächlich habe ich nur wenige Male meinen Gastvater in der Küche stehen sehen, und selbst das dürfte eher die Ausnahme darstellen, da dieser bereits pensioniert ist und somit viel Zeit besitzt, um sich derartigen Aufgaben zu widmen. Von meinem älteren Gastbruder habe ich solches noch nie erlebt, er nimmt in der Tat in der Familie eher die Rolle eines kleinen Paschas ein, und selbst mein jüngerer Gastbruder verbringt wenig Zeit in der Küche, wobei eingewandt werden muss, dass dieser viel unterwegs ist und somit wenig Zeit hätte, sich um das Essen zu kümmern, würde er dies wollen. Im Gegensatz dazu steht meine Gastmutter einen beträchtlichen Teil ihrer Zeit am Herd, von ihrem Mann nur im Schnippeln von Gemüse unterstützt. Kurz gefasst, Kochen ist, wie das Schmeißen des Haushalts allgemein, in Tamil Nadu Frauensache, und nicht selten sorgte es für Verwunderung,wenn Luca seiner Absicht kundtat, in der Küche helfen zu wollen.

Ein Dosai mit Kartoffelcurry, Kokoschutney und Sambar

In der Küche befindet sich bemerkenswerter- und für mich überraschenderweise kein Ofen, sondern in der Regel nur ein Gasherd, auf dem alle Gerichte zubereitet werden. Diese Tatsache und der Wunsch nach im Ofen Gebackenem ließ bereits in vielen Freiwilligenhirnen die Idee reifen, selbst einen Ofen zu bauen. Allerdings war meines Wissens noch niemand mit der Durchführung dieses Plans erfolgreich. In den umliegenden Schränken sind Teller, Becher, Töpfe, Dosen in einem wilden Durcheinander gesammelt, wobei der große Teil aus Blech ist. Ebenso findet sich kein Besteck, da in Indien mit der rechten (und ausschließlich mit der rechten!) Hand gegessen wird. Dies sorgte nicht selten für höllische Schmerzen, wenn das Essen direkt aus dem Topf auf den Teller kam, ohne vorher abzukühlen. Die meisten der Zutaten werden nicht gelagert, sodass der Kühlschrank aus meiner Sicht erstaunlich leer ist. Dazu muss aber gesagt werden, dass, abgesehen von Milch und eventuell Joghurt, keine Zutaten verwendet werden, die schlecht werden können, da die Gerichte zum einen quasi nur aus Gemüse bestehen und zum anderen in der Regel jeden Morgen direkt auf dem Markt gekauft werden.

Womit wir auch schon beim eigentlichen Thema wären: Den Gerichten und ihren Zutaten. Absolute Grundlage tamilischer Gerichte ist, wie eigentlich überall auf dem Subkontinent, Reis. Er ist im Prinzip, mit wenigen Ausnahmen, Bestandteil jeder Mahlzeit. Das klingt jetzt erst einmal sehr monoton und wenig abwechslungsreich, allerdings bin ich bis heute überrascht, auf wie viele unterschiedliche Arten Reis zubereitet und serviert werden kann.

Poori mitsamt Kartoffelcurry

Fangen wir an mit dem Frühstück. Dies besteht in der Regel aus Idli oder Dosai, die mit unterschiedlichen Chutneys gereicht werden. Gelegentlich gibt es auch Chapati, Poori oder Vadai. Idli und Dosai werden beide aus einem Gemisch aus Reis, Urdbohnen und Wasser hergestellt, das gemahlen und dann über Nacht stehen gelassen wird, damit es fermentiert. Idli sehen dabei aus wie kleine Küchlein, die die Form eines Elipsoids haben. Dosai hingegen sind letztlich wie Crêpes, nur aus dem oben beschriebenen Gemisch. Normalerweise werden sie mit Kokoschutney serviert, doch gibt es auch bei Chutneys eine hohe Vielfalt an unterschiedlichen Geschmacks- und Zubereitungsarten. Chapati, Poori und Vadai werden aus Mehl hergestellt. Chapati kommen dabei Crêpes noch näher als Dosai, wobei sie eher mit der herzhafteren Variante, den Galettes, zu vergleichen sind. Sie kann man zu allem servieren, wobei sie besonders in Kombination mit einem pikanten Kartoffelcurry ausgesprochen lecker sind. Poori sind sehr dünn gebackene Fladenbrote, die ebenfalls sehr gerne mit genanntem Kartoffelcurry kombiniert werden. Vadai dagegen sind Donuts ähnliche, frittierte Teigringe, die sich vor allem gut als Snack machen.

Chicken Biryani

Ein typisches Mittag- oder Abendessen besteht tatsächlich überwiegend aus Reis als Hauptspeise, der mit diversen Saucen wie Sambar, einer dicken Gemüsebrühe, oder Rasam, das deutlich dünner ist. Nicht selten gibt es auch Biryani oder Veg. Fried Rice, die sich in der Zusammensetzung sehr ähnlich sind. Biryani wird jedoch etwas anders gewürzt und meines Wissens zumindest in meiner Gastfamilie aus einer anderen Art Reis gemacht. In der Regel gibt es dazu Geflügel oder Lamm, seltener wird Biryani mit Ei oder vegetarisch gegessen. Fleisch insgesamt spielt im Verzehr nur eine untergeordnete Rolle, je nach Glauben wird gar nicht bis wenige Tage in der Woche, meist am Wochenende, Fleisch konsumiert. Dabei gilt es aber zu beachten, dass Fleisch in Indien weniger ein alltägliches Konsum-, als vielmehr ein Luxusgut ist, dessen Verzehr eine Besonderheit darstellt.

Getrunken wird überwiegend Wasser, wobei man sich vor Leitungswasser in Acht nehmen muss, da dieses häufig nur unzureichend bis gar nicht gereinigt ist und so Keime überträgt. Aus diesem Grund stehen in vielen Häusern Umkehrosmose-Geräte, die das Trinkwasser filtern. Da diese jedoch nicht gerade billig sind, werden weiterhin 20-Liter-Kanister mit abgepacktem Wasser verkauft, die im Haus aufgestellt werden. Zwischen den Mahlzeiten wird dagegen recht häufig Kaffee getrunken, der allerdings, wie alle gesüßten Lebensmittel in Indien, viel zu süß ist. Seltener gibt es Tee (Chai), der vor allem in den anderen Staaten Indiens verbreitet ist, sich in Tamil Nadu jedoch deutlich geringerer Beliebtheit erfreut.


Sambar

Von all diesen Gerichten habe ich besonders Biryani, Dosai und Chapati ins Herz geschlossen, wobei ihr Genuss steht und fällt mit den Beilagen, mit denen sie serviert werden. Hierbei sind insbesondere das Kokoschutney und das Kartoffelcurry erwähnenswert. Diese Rezepte hoffe ich natürlich, nach Deutschland mitnehmen und dort nachkochen zu können.

Samosa

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